Jule Specht hat es bereits angekündigt, fünf Autorinnen und Autoren der AG Wissenschaftspolitik der Jungen Akademie haben einen Vorschlag zur Reform der Personalstrukturen an Hochschulen vorgelegt und damit einigen Wirbel in der wissenschaftspolitischen Öffentlichkeit ausgelöst.
Das Papier, das diese Vorschläge in prägnanter Form benennt und die Auswirkungen einer Umstellung vom Lehrstuhlprinzip auf eine aus dem Ausland bekannte Department-Struktur diskutiert, findet sich hier. Die fünf Autorinnen und Autoren sind Jule Specht, Christian Hof, Julia Tjus, Wolfram Pernice und Ulrike Endesfelder.
Was aber sind die zentralen Aspekte der anvisierten Reform? Und was halten eigentlich die wissenschaftspolitisch interessierten Leserinnen und Leser davon?
Verdoppelung der Professuren – Abschaffung des grundmittelfinanzierten Mittelbaus
Zentraler Punkt des Diskussionspapiers ist eine Konkretisierung und Weiterentwicklung des Vorschlags der Jungen Akademie aus dem Jahr 2013. Der Gedanke ist dabei so schlicht wie einleuchtend: Die haushaltsfinanzierten Mittelbaustellen sollen abgebaut werden, um mit dem freiwerdenden Geld die Zahl der Professuren in Deutschland kostenneutral zu verdoppeln. Hierzu entwerfen die fünf Autor*innen konkrete Umsetzungsmaßnahmen und diskutieren die Auswirkungen dieser Umstellung für betroffene Statusgruppen an den Hochschulen. So soll zum Beispiel auch die Doktorandenausbildung fast ausschließlich auf Drittmitteln basieren und nicht länger aus Haushaltsmitteln der Hochschulen finanziert werden.
Das Ziel dieser Reform ist eindeutig: Es soll eine größere und vielfältige Professorenschaft entstehen, und damit die freie, unabhängige Forschung gestärkt werden, da diese auf deutlich mehr Personen als im bisherigen System verteilt werden würde.
Als erstes Ergebnis des wissenschaftspolitischen Zwischenrufs kann man festhalten, dass eine breite und engagierte Debatte begonnen hat, die sich mit den Vor- und Nachteilen der Umstellung der Personalstrukturen intensiv beschäftigt. Der erste Zwischenschritt der Initiative der fünf Mitglieder der Jungen Akademie war also bereits erfolgreich. Die Aufmerksamkeit eines großen Teiles der wissenschaftspolitischen Öffentlichkeit in Deutschland ist ihnen sicher – das zeigen Besprechungen in DIE ZEIT sowie ZEIT ONLINE , im Blog von Martin Wiarda oder im scilog. Die Diskussion auf Podien der Heinrich–Böll–Stiftung, im Radio, mit Vertretern des Wissenschaftsrates oder des BMBF wird ergänzt um die Kommentare im Debattenbeitrag selbst sowie unzählige interessante und bisweilen auch kritische Beiträge auf Twitter, Facebook, in der Politik und der Wissenschaft. Auch in privaten und beruflichen Gesprächen haben sich nach und nach verschiedene Fragen und Kritikpunkte herausgestellt, die die Debatte um den Auf- und Umbau neuer Personalstrukturen weiter bestimmen werden.
Einwände, offene Fragen, anhaltende Diskussionen
In all diesen Debatten tauchte eine Frage zuverlässig auf: ob sich eine solch tiefgehende Reform deutscher Hochschulen tatsächlich kostenneutral umsetzen ließe, insbesondere wenn man bedenkt, dass die doppelte Anzahl an Professorinnen und Professoren deutlich höhere Pensionsansprüche an die Länder stellen würde. Ansprüche, deren finanzielle Absicherung überhaupt erst langwierig aufgebaut werden müsste.
Auch wenn die Kostenneutralität tatsächlich umsetzbar wäre, wäre sie denn überhaupt wünschenswert? Viele Fragen erreichten die Autorinnen und Autoren, in denen kritisch angemerkt wurde, ob denn diese grundlegende Reform überhaupt zum Nulltarif umgesetzt werden sollte. Denn mittlerweile finden doch endlich die Stimmen Gehör, die schon lange beklagen, dass die Hochschulen nicht die Hälfte eines Jahrgangs so anspruchsvoll und wissenschaftsnah ausbilden können wie ihr eigener und der gesellschaftliche Anspruch es zurecht verlangen, wenn nicht gleichzeitig die Grundfinanzierung dauerhaft und substantiell angehoben wird.
Ein weiterer Kritikpunkt bezog sich auf die Ausbildung von Doktoranden und die Rolle der Drittmittel im Vorschlag der Autorinnen und Autoren: Wird durch die Abschaffung der grundfinanzierten Doktorandenausbildung nicht ein neues, noch einmal verschärftes Rennen um die Einwerbung von Drittmitteln einsetzen, das – wie in der gegenwärtigen Exzellenzstrategie – angewandte Forschung gegenüber Grundlagenforschung und Lebens- und Naturwissenschaften gegenüber Sozial- und Geisteswissenschaften strukturell bevorteilt?
Welchen Platz haben zudem nicht-wissenschaftliche Management- und Verwaltungsaufgaben in einer Department-Struktur, die oftmals das effiziente und erfolgreiche Arbeiten einer Fakultät ebenso beeinflussen wie die Leistungen der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler?
Wie weiter?
Diese kurze Aufzählung der kritisierten Punkte zeigt dabei vor allem eins: Der Vorstoß der fünf Autorinnen und Autoren der Jungen Akademie hat einen zentralen Punkt der wissenschaftspolitischen Diskussion getroffen, an dem alle derzeit relevanten Themen – Dauerstellen für Daueraufgaben, Sicherstellung guter Lehre, faire Bezahlung, zu geringe Grundfinanzierung der Hochschulen, überkommende Personalstrukturen mit unbefristeten Verträgen für langgediente Mitarbeiter*innen erst bei einem Alter von circa. 40 Jahren – gebündelt und verschiedenste Lösungen breit und intensiv debattiert werden können.
Und genau hier knüpfen die Mitglieder der Jungen Akademie an und möchten mit mehreren Veranstaltungsformaten das Konzept der Department-Struktur diskutieren, (noch) bekannter machen, Verknüpfungen zu den derzeit drängenden Fragen der Wissenschaftspolitik aufzeigen und kritische sowie unterstützende Stimmen ins Gespräch bringen.
In wenigen Wochen erfahren Sie mehr zu diesen Formaten und Terminen.