„Kämpfen und durchhalten. Sich selbst treu bleiben, an der Arbeit erfreuen.“
Als das Institut für Hochschulforschung 2013 alle auf Juniorprofessuren tätigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Teilnahme an einer Befragung zu ihrem wissenschaftlichen Werdegang, zur aktuellen beruflichen Situation und zu den Zukunftsperspektiven bat, fiel der Rücklauf mit über 50 Prozent ungewöhnlich hoch aus – zweifellos ein Indiz für den Wunsch der Betroffenen, sich in die hochschulpolitische Diskussion einzubringen. Noch beeindruckender war die Flut an Antworten auf die offenen Fragen mit der Bitte um Ratschläge für angehende Juniorprofessor/-innen und Verbesserungsvorschläge für die zukünftige Ausgestaltung der Juniorprofessur. (vgl. Burkhardt/Nickel 2015 Burkhardt; Burkhardt/Nickel/Berndt/Püttmann/Rathmann 2016)
Die guten Nachrichten zuerst: von den rund 600 Teilnehmer/-innen an der Befragung geben gut zwei Drittel an, im Grundsatz zufrieden mit der gegenwärtigen beruflichen Situation zu sein. Als besonders positiv werden die Selbständigkeit in Forschung und Lehre sowie die Arbeitsaufgaben und –inhalte empfunden. Die Juniorprofessur hat als Nachweis der Berufungsfähigkeit offensichtlich nicht nur in den Landeshochschulgesetzen Niederschlag gefunden, sondern sie konnte sich auch in der Berufungspraxis etablieren. Nur eine Minderheit der Juniorprofessor/-innen glaubt, dass zusätzlich eine Habilitation erforderlich ist. Die Berufungschancen werden im Vergleich zu habilitierten wissenschaftlichen Mitarbeiter/-innen als gleich oder sogar als besser eingestuft.
Das im Grunde positive Meinungsbild darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass es eine Vielzahl ernsthafter Probleme gibt. Jede/r Dritte hat im Verlauf der Juniorprofessur darüber nachgedacht, die Stelle aufzugeben und einen anderen beruflichen Weg einzuschlagen. Besonders kritisch werden die fehlende Planbarkeit der Karriere, die hohe Arbeitsbelastung und das nicht leistungsadäquate Einkommen gesehen. Nur etwa ein Fünftel gibt an, Aussicht auf eine unbefristete Anschlussbeschäftigung zu haben. Von einem klassischen Tenure Track, d.h. der (leistungsabhängigen) Zusage einer W2/W3-Professur, kann sogar nur in 15 Prozent der Fälle die Rede sein. Probleme zeichnen sich des Weiteren in Bezug auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ab. Immerhin leben 9 von 10 Juniorprofessor/-innen in einer festen Partnerschaft, wobei in der Regel beide über einen akademischen Abschluss verfügen. Der Mobilitätszwang in der Wissenschaft hat zur Folge, dass ein Viertel nicht am selben Ort wohnhaft ist wie der Partner/die Partnerin. Da die Hälfte der Juniorprofessor/-innen Kinder hat, stellt das die Familien vor erhebliche Herausforderungen.
Gefragt nach den angestrebten beruflichen Perspektiven steht eine Tätigkeit in Lehre und Forschung an einer Universität unangefochten an erster Stelle. Etwa zwei Fünftel der Befragten stufen die Juniorprofessur als geeigneten Weg ein, dieses Ziel zu erreichen. Knapp die Hälfte hält ihn zumindest für teilweise geeignet. Häufig wird die Zustimmung an eine Reihe von Bedingungen geknüpft. Dabei dominieren Forderungen nach einem Tenure Track, mehr Zeit für Forschen und Publizieren sowie einer besseren Ausstattung.
Zukünftigen Juniorprofessor/-innen wird vor allem der Rat gegeben, sich zu vernetzen und in die Fachcommunity zu integrieren, Mentoring- und Beratungsangebote in Anspruch zu nehmen, Wert auf ein karrierefokussiertes Zeit- und Ressourcenmanagement zu legen sowie berufliche Alternativen im Blick zu behalten.
Einigen der genannten Probleme wollen Bund und Länder mit dem 2016 vereinbarten Programm zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses begegnen (Verwaltungsvereinbarung). Für eine Gesamtlaufzeit von 2017 bis 2032 stellt der Bund bis zu 1 Mrd. Euro zur Verfügung. Damit sollen 1.000 zusätzliche Tenure-Track-Professuren gefördert werden. Vorgesehen sind eine Befristungsdauer von 6 Jahren und eine Besoldung nach W1 oder W2. Vorausberechnungen an Hand der prognostizierten Entwicklung des Hochschulzugangs machen deutlich, dass weitere Anstrengungen erforderlich sind, wenn man ernst machen will mit der Verbesserung der Betreuungsrelation im Studium und der Qualität der Lehre. Zur Deckung des Erweiterungsbedarfs und des altersbedingtes Ersatzbedarfs der Professor/-innen wären längerfristig zusätzlich zum gegenwärtigen Bestand von rund 1.600 Juniorprofessuren 5.700 Tenure-Track-Professuren erforderlich. (vgl. Burkhardt 2016)
Quellen
Burkhardt, Anke (2016): Professorinnen, Professoren, Promovierte und Promovierende an Universitäten. Leistungsbezogene Vorausberechnung des Personalbedarfs und Abschätzung der Kosten für Tenure-Track-Professuren, Frankfurt a.M. (GEW Hochschule und Forschung). URL: https://www.gew.de/fileadmin/media/publikationen/hv/Hochschule_und_Forschung/Broschueren_und_Ratgeber/Personalbedarf_2016_A4_web.pdf.
Burkhardt, Anke/Nickel, Sigrun (2015) (Hg.): Die Juniorprofessur. Neue und alte Qualifizierungswege im Vergleich. Nomos: Baden-Baden. Infos unter: http://www.hof.uni-halle.de/web/dateien/pdf/Inhalt2339.pdf.
Burkhardt, Anke/Nickel, Sigrun/Berndt, Sarah/Püttmann, Vitus/Rathmann, Annika (2016): Die Juniorprofessur – vergleichende Analyse neuer und traditioneller Karrierewege im deutschen Wissenschaftssystem, in: Beiträge zur Hochschulforschung 1-2/2016, S. 86-117. URL: http://www.bzh.bayern.de/uploads/media/1-2-2016-Burkhardt-Nickel-Berndt.pdf.
Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern gemäß Artikel 91b Absatz 1 des Grundgesetzes über ein Programm zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses gemäß Beschluss der Regierungschefinnen und Regierungschefs von Bund und Ländern vom 16. Juni 2016. URL: http://www.gwk-bonn.de/fileadmin/Papers/Verwaltungsvereinbarung-wissenschaftlicher-Nachwuchs-2016.pdf.