Wie auch zu vergangenen Landtagswahlen hat die Deutsche Gesellschaft Juniorprofessur (DGJ) die Parteien mit realistischen Chancen auf einen Einzug in den nächsten Landtag von Sachsen-Anhalt um die Beantwortung von 11 wissenschaftspolitischen Wahlprüfsteinen gebeten. Bislang sind fünf der angefragten Parteien (CDU, LINKE, SPD, GRÜNE und FDP) dieser Bitte nachgekommen. Die Antworten von AfD und Freien Wählern stehen noch aus.
In Bezug auf die Hochschulfinanzierung findet die CDU, dass sich der Finanzierungsschlüssel für Sachsen-Anhalts Hochschulen bewährt hat und die aktuellen Zielvereinbarungen Planungssicherheit bieten. Die FDP bemängelt, dass „Universitäten in der Pandemie zu lange allein gelassen worden sind“ und will daher über Zielvereinbarungen eine angemessene Grundfinanzierung festlegen. Weiterhin plant die FDP, sich gegen Kürzungen einzusetzen. Die SPD sieht, dass das Land seiner Verpflichtung zu einer angemessenen Ausstattung nachkommen muss, die sich insbesondere durch Digitalisierung, Third Mission und einen verstärkten Wettbewerb um Drittmittel ergeben. Diskussionen über Kürzungen stellt sich die SPD klar entgegen. Die LINKE und GRÜNE kritisieren insbesondere den vom Land geforderten „Corona-Solidarbeitrag“ und finden, dass die Hochschulen noch immer unterfinanziert sind. Die LINKE fordert darüber hinaus eine jährliche Erhöhung des Hochschulbudgets um mindestens 3 Prozent sowie die Investition freiwerdender Ressourcen in die Qualität der Hochschulen.
Das kürzlich in Kraft getretene neue Hochschulgesetz wird von den Parteien sehr unterschiedlich bewertet: CDU und SPD loben, dass das neue Hochschulgesetz mit der Tenure-Trrack-Professur einen transparenten wissenschaftlichen Karriereweg aufzeigt. Die CDU sieht jetzt vor allem die Hochschulen in der Verantwortung, eine bessere Planbarkeit von Karrierewegen umzusetzen. Die SPD will sich in der nächsten Wahlperiode für mehr Personal für die Arbeit mit den Studierenden und die Erhöhung der Anzahl der Tenure-Track-Professuren einsetzen. Die LINKE erkennt im neuen HSG nur den ersten Schritt und fordert, dass nach einer erfolgreichen Bewährungsphase eine automatische Umwandlung in eine unbefristete Professur erfolgen sollte. Für die GRÜNEN birgtdie Evaluation gewisse Unsicherheiten, daher halten sie Veränderungen im Mittelbau und ein Dauerstellenkonzept für sinnvolle Ergänzungen. Die FDP sieht in der Tenure-Track-Professur einen ersten Schritt in die richtige Richtung, bemerkt jedoch, dass wissenschaftliche Talente „frühzeitig erkannt und gefördert und in ihrer akademischen Karriere begleitet werden“.
Die Pluralität der wissenschaftlichen Karrierewege wird von allen Parteien begrüßt. An der Habilitation grundsätzlich festhalten wollen CDU und SPD. Für sie ist es ein Qualitätsmerkmal für die Ausbildung einer Hochschule. Die SPD hält die Habilitation „weiterhin bestimmend für die Besetzung von Lebenszeitprofessuren“, welche für andere Karrierewege ein „orientierender Maßstab“ ist. Die FDP schätzt die Habilitation, kritisiert aber ein „starres Festhalten“ als kontraproduktiv und findet, dass Hochschulen selbst „die Möglichkeit haben [sollten,] alternative Kriterien zu entwickeln“. LINKE und GRÜNE sehen die schwindende Bedeutung der Habilitation und befürworten deshalb Karrierewege, die auf Basis der bisherigen Leistungen in Forschung und Lehre ausgestaltet sind. Die GRÜNEN möchten den Hochschulen „das Recht auf Habilitation jedoch nicht absprechen“, wohingegen die LINKE eine Abschaffung der Habilitation fordert. Im Hinblick auf Juniorprofessuren ohne Tenure-Track, hält die CDU dies als ein „übliches Verfahren [..] an Hochschulen“, befristete Stellen auszuschreiben. Für die zu wenigen Tenure-Track-Stellen sieht die CDU die Hochschulleitungen in der Pflicht, „nach einer erfolgreichen Bewährungszeit mehr Zusagen für Lebensprofessuren auszusprechen“. Auch laut SPD sollen befristete Juniorprofessuren weiter möglich sein. Die FDP schätzt den Wert von Tenure-Track-Professuren, möchte aber befristete Juniorprofessuren nicht verbieten. Nach Meinung von LINKE und GRÜNE sollte es diese nur in begründeten Ausnahmefällen geben. Die Tenure-Track-Professur wird von allen Parteien positiv gesehen und soll auch zukünftig weiter gefördert werden.
Die Einführung einer Departmentstruktur würde die LINKE begrüßen, auch die GRÜNEN sehen darin viele Chancen, halten aber die Grundfinanzierung für nicht ausreichend. Die anderen Parteien (SPD, CDU und FDP) zeigen sich hierfür ebenfalls offen, verweisen jedoch auf die Unabhängigkeit der Hochschulen.
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist für alle Parteien ein wichtiges Thema. Gefordert wird von SPD, GRÜNE, FDP und LINKE etwa der Ausbau von Kinderbetreuungsangeboten. Zusätzlich plant die SPD eine Reformierung des Studentenwerksgesetzes, um sozialen Aufgaben besser nachkommen zu können. Darüber hinaus wollen FPD und GRÜNE das Einrichten von Home-Office-Plätzen im wissenschaftlichen Umfeld fördern.
Weiterhin sehen alle Parteien, dass Hochschulen mit ihrem innovativen Potenzial als treibende Kraft für die Attraktivität des Wissenschaftsstandorts Sachsen-Anhalt wirken. Explizit sprechen sich daher LINKE, GRÜNE, FPD und SPD für eine Technologie- und Gründerszene aus. Für die FDP ist darüber hinaus noch die Digitalisierung der Hochschulen wichtig. Die GRÜNEN wollen ein landesweites Wissenschaftsnetz entwickeln und dafür die Rechenzentren von Hochschulen und Forschungseinrichtungen verbinden sowie die Willkommenskultur an Hochschulen ausbauen. Für die SPD ist es wichtig, attraktive Rahmenbedingungen des Studiums durch eine Erhöhung des unbefristet beschäftigten akademischen Mittelbaus zu erreichen und gleichstellungspolitische Aspekte noch stärker zu berücksichtigen.
Die ausführlichen Antworten zu den einzelnen Fragen können unter https://www.dgj-wissenschaft.de/wahlpruefsteine-zur-landtagswahl-in-sachsen-anhalt-2021/ nachgelesen werden.